Carl Schirm (auch Karl geschrieben) besuchte das humanistische Gymnasium Wiesbaden. Er war naturwissenschaftlich interessiert und besuchte nach dem Abitur die Universität Bonn, um dort einige Semester dem Studium der Chemie und Physik zu widmen, was ihn nachhaltig beeinflusste und später zu mehr als 20, auch internationalen Patenten in beiden Gebieten führte.

Das Erfindungs-Gen übertrug sich an seine beiden Söhne Hans Otto und Erik, die im Bereich Ingenieurswesen und Chemie gemeinsam etwa 160 Patente anmeldeten.

In der Malerei bleib Carl Schirm trotz aller Innovation dem kühl betrachtenden Realismus treu, er benötigte keine figürlichen Staffagen von Menschen und Tieren oder romantisierende Überzeichnungen.

Es ist nicht bekannt, ob er mit modernen Malmitteln experimentierte, seinem Naturell entsprach es zumindest, er war bestimmt immer bestens informiert und wendete neue Malmittel und Verfahren an, wenn es für ihn Sinn machte. Sicher entwickelte er für seine Zwecke viel bisher Unentdecktes.

In den 1880er Jahren hat Carl Schirm neben seiner Professur des Meisterateliers für Landschaftsmalerei am Schlesischen Museum der bildenden Künste Breslau mit fotografischen Prozessen experimentiert und die Fotografie zur Unterstützung der Malerei unter großem Widerstand seiner Zeitgenossen auch in die Ausbildung am Meisteratelier mit einbezogen.

Die damals großen Defizite bei der neu entstandenen Blitzlicht Fotografie erweckten seinen Erfindergeist. Mit seinem Hintergrund der Physik und Chemie begann er an neuen Lösungen zu arbeiten.

Er engagierte sich in Vereinen und wurde 1887 zum Vorsitzenden der von ihm mit zwei Partnern gegründeten schlesischen „Gesellschaft von Freunden der Photographie in Breslau“ gewählt. 1888 erreichte er seine Aufnahme als ordentliches Mitglied in den „Club der Amateur-Photographen in Wien“. Vom 15. bis 25.10.1888 konnte der Verein ausgewählte Photographien auf der „Internationalen Ausstellung von Amateurphotographien“ in Wien anlässlich des 40jährigen Regierungs-Jubiläums Kaiser Franz-Josef I zeigen. Die „Photographische Rundschau“, Heft 11, 1888 berichtet:

Die ausgestellten Werke des schlesischen Vereins wurden von der Jury mit einer „großen goldenen Daguerre Medaille“ im Bereich Amateurphotographie ausgezeichnet.

Noch in Breslau veröffentlichte C.C.Schirm vor 1889 den Aufsatz „Die Beleuchtung mit Magnesiumlicht zu photographischen Zwecken“ (Breslau, Paulstr. 20).

Er erhielt am 04.04.1888 das Kaiserliche Reichspatent Nr. 45532 („Beleuchtungsapparat für photographische Zwecke“) auf die von ihm erfundene und nach ihm benannte Schirm’sche rauchfreie Magnesium-Blitzlampe. Seither sind Blitzlicht-Aufnahmen im geschlossenen Raum ungefährlich möglich. Bis dato war die Rauchentwicklung nicht nur vernebelnd, sondern auch gesundheitsschädlich und der Funkenflug von unvollständig verbranntem Magnesiumpulver brandgefährlich.

Eine weitere Erfindung von ihm ist die Synchronisierung von mehreren Blitzlichtlampen zur gleichzeitigen Auslösung. Dies patentierte er mit dem Kaiserlichen Reichspatent Nr. 35005 am 25. Oktober 1889 („Vorrichtung zum Auslösen des Objectivverschlusses bei photographischen Apparaten und zur Einführung von Magnesiumpulver in einen Beleuchtungsapparat“)

Carl Schirm eröffnete 1889 in der Potsdamer Str. 20 in Berlin ein sehr exklusiv ausgestattetes Fotoatelier für Momentaufnahmen und zog 1889 nach Berlin. Dieses Fotoatelier war auch sein Labor und wurde mit speziellen Aufhängungen für seinen erfundenen Blitzlampen ausgerüstet. Sein Atelier war das erste Fotostudio in Europa, welches ausschließlich mit Magnesium Blitzlicht arbeitete, auch für das „blitzschnelle“ Massenkopieren von Fotos. Eine Sensation damals, da die Blitzlichtfotografie in geschlossenen Räumen wegen der Rauchentwicklung kaum möglich bzw. qualitativ schlecht und zudem mit den bisherigen Blitzlampen nicht ungefährlich war.

Zwischen dem 21.10.1890 und 01.09.1890 erhielt er das US-amerikanische Patent Nr. 446891, „Method of Producing Intense Light by Magnesium or other Glowing Materials“

Es folgten zahlreiche Vorträge und Veröffentlichungen als leidenschaftlicher Verfechter der damals sehr umstrittenen Blitzlichtfotografie, z.B. im Beitrag „Ueber Magnesium-Blitzlicht“ im Jahrbuch für Photographie und Reproductionstechnik, für das Jahr 1891,  Fünfter Jahrgang, Dr. Josef Maria Eder, Verlag Wilhelm Knapp, Halle a.S., S.249-S.258

Ein weiterer Bericht über seine Erfindungen und Arbeit findet sich im naturwissenschaftlichen Wochenblatt „Prometheus

Eine lesenswerte Würdigung findet man im „American Annual of Photography, Volume 6, 1892, S.178ff“ in einer Übersetzung von K.-L. Barkhausen.

Carl Schirm arbeitete ständig an Verbesserungen und Neuerungen der Blitzlichttechnik und es gelang ihm eine transportable Version seines Blitzapparates zu entwickeln, den er am 12. März 1890 patentieren ließ unter Reichspatentnummer 54423 („Neuerung in der Erzeugung von Magnesiumlicht“). Zudem erhöhte er die Lichtausbeute bei gleichzeitiger Senkung des Materialeinsatzes, patentiert am 19. Dezember 1890 unter Nr. 62236 („Vorrichtung zur Erzeugung von Magnesiumlicht“). Eine weitere Verbesserung folgt mit dem Reichspatent Nr. 68501 am 28. Februar 1891.

Der junge Kaiser Wilhelm II wurde auf ihn aufmerksam und beauftragte ihn mit zahlreichen Fotografien am Hofe, zu Anlässen und in seinem Studio.

(Quelle: Sammlung Schirm)

Seine Majestät Kaiser Wilhelm II. bestellte unter anderem eine Anzahl von Porträts mit Magnesiumblitz in Erinnerung an die Feier zum 90. Geburtstag von Feldmarschall Graf von Moltke [1890] im Generalstabsgebäude des Berliner Schlosses. Seine Majestät, die Prinzen des Reichs und viele militärische Würdenträger waren bei dieser Gelegenheit anwesend und 14 Aufnahmen in großem Format wurden gemacht, wodurch mehrere Szenen der Ansprache an Moltke vor den gekrönten Häuptern der Landesfürsten für immer festgehalten wurden.

Carl Schirm fotografierte auch im Auftrag der Großherzogin von Baden-Baden die in der Schlosskapelle zu Berlin aufgebahrte Kaiserin Augusta mit 12(!) synchronisierten Schirm’schen Blitzlampen.

Optische Telegraphie

Carl Schirm kam auf die revolutionäre Idee mit Blitzlicht nicht nur Signale, sondern ganze kodierte Texte optisch zu übertragen, entwickelte eine Art „Licht-Morselampe“ und erhielt am 16. Mai 1888 vom Kaiserlichen Patentamt das Reichspatent Nr. 46246 für seinen „Apparat für optische Telegraphie“ und am 15.November 1888 das Schweizer Patent Nr. 43 für seinen „Optischen Apparat zur Telegraphie“. Am 17. Juli 1891 erhielt er für eine Verbesserungseinreichung zur deutlich schnelleren Textübertragung das Reichspatent Nr. 46246.

Druckstempel

Am 23. Januar 1889 erhielt Carl Schirm das Schweizer Patent Nr. 340 auf seine „Selbstfärbende Druckstempel und Druckplatten“, in Spanien mit Nummer 8492 am 01.09.1888 und mit Nummer 10384 am 01.03.1890 („Un nuevo procedimiento para fabricar las planchas de imprimir suministrando la tinta automáticamente“). Heute kennt jeder den Stempel, der sich selbst benetzt und gerne in Büros und vor allem Ämtern eingesetzt wird.

Emaille und Keramikarbeiten und Erfindungen

Der Erfindungsgeist von Carl Schirm beschränkte sich also wie gesehen nicht nur auf fotografische Prozesse und Apparate, sondern befähigte ihn bei seiner Arbeit an bildhauerischen und Beschichtungsaufgaben neue Verfahren zur Verbesserung der Herstellung und Haltbarkeit von Keramikarbeiten zu entwickeln.

Ein Bekannter von Carl Schirm, der deutsch-englische Maler Hubert von Herkomer brachte ihn zur Emaille-Malerei, die Herkomer vortrefflich und naturalistisch beherrschte. Angetrieben von den Problemen, die Hubert von Herkomer bei seiner Arbeit an Aufträgen beschrieb, baute Carl Schirm einen eigenen Brennofen und experimentierte an neuen und verbesserten Verfahren der Emaille-Technik.

Im Berliner Stadtanzeiger Morgenblatt vom 7. März 1900 findet sich auf der Titelseite ein Bericht betitelt mit „Bei Hubert von Herkomer“. Dieser Bericht beschreibt den Künstler, seinen Wechsel von England nach Berlin und seine Tätigkeit als Maler für den Kaiser:
„Mein Kaiser Wilhelm wird ein Email-Bild, es wird ihn in ganzer Gestalt darstellen und 1 1/2 Meter hoch werden, es dürfte wahrscheinlich das größte Email-Portrait werden, das bis jetzt existiert.“
Hier ist ein weiteres wörtliches Zitat aus diesem Bericht von Hubert Herkomer, in dem er Carl Schirm lobt:
„Es ist mir nicht die Sucht nach Abwechslung oder Eklat, sondern ein künstlerischer Drang, der mich zur Email-Malerei treibt. Jetzt erst bin ich für diese Kunst, die so viel Technik, so viel Studium der Natur und der Farbe beansprucht, reif geworden. Nicht, dass ich fertig wäre, im Gegenteil. Ich lerne und lerne, und hier in Berlin habe ich in meinem alten Freunde, dem Landschaftsmaler Carl Schirm, dem Schwiegersohn Hans Gudes, einen Künstler gefunden, dessen außerordentliche Technik in der Behandlung der dekorativen Email-Malerei mir manch Neues zeigte.“

Vor allem im Zeitraum 1889 bis 1907 arbeitete Carl Schirm immer wieder mit seinem Schwager Prof. Otto Lessing, dem bekannten und sehr erfolgreichen Bildhauer, zusammen. Sie erzeugten Werke mit künstlerischer Emaille und Keramik vor allem für Innendekorationen, manchmal auch für den schwierigen Außenbereich.

Carl Schirm tüftelte vor allem an der Verbesserung der Farbwirkung und des gleichmäßigen Untergrundes von auch großen Emaille-Platten. Er erhielt für sein „Verfahren zur Herstellung eines gleichmäßigen Silbergrundes für Emaillen“ das Reichspatent Nr. 89250 am 06.03.1894, in Großbritannien am 26.09.1896 mit dortiger Patentnummer 13163 („Improved Method of Producing an Even Silver Ground for Underlaying Enamel“), in Spanien am  01.03.1897 unter Nr.20394 („Un procedimiento para obtener un fondo uniformo de plata para esmaltes“).

Er erhielt am 24. August 1896 zusammen mit Albert Silbermann das Schweizer Patent Nr. 13019 für die „Emaillierte Platte mit Silbergrund“, in den USA mit Nr. 635901 am 31.10.1899 („Method of Enameling on Silver-Leaf“)

Seine Entdeckung und Patent wurden aufgeführt in den „Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft„, 1896, Band 4, S.1178

Er verbesserte die Haltbarkeit von Mineralfarben durch den Zusatz von farbigem Glaspulver, patentiert in Großbritannien unter Nr. 18949 am 7. November 1896 („Improvement in Oil, Water Color, and other Painting“)

Es folgte ein weiteres Patent von Carl Schirm gemeinsam mit Otto Lessing über „Verfahren keramischer Formen für Museen“, 1897. In Großbritannien wurde zunächst die Abgussmasse patentiert unter Nummer 4539 am 8. Mai 1897 („Improved Process for Producing Ceramic Masses“), in Spanien unter Nr. 23840 am 16.03.1899 („Mejoras en el procedimiento de producir las pastas cerámicas“) und dann das neue Verfahren für die Formherstellung am 12. Juni 1897, Patent Nr. 10145 („Process for Reproducing Original Plastic Works“). Im Zuge des Verfahrens verbesserten sie schließlich noch die Steingussmasse, auch das wurde patentiert in Großbritannien mit Nr. 11630 am 14. August 1897 („Improvements in Artificial Stone for Grinding or Abrading Purposes“).

Gemeinsam mit Ludwig von Hofmann arbeitete er an Emaille-Malerei, wobei er mit seiner Technik begeisterte.
Hier ein gemeinsam erzeugtes Emaille-Bild aus der Kunstausstellung Dresden 1899:

Ein Auszug aus dem Buch „Deutsche Kunst und Dekoration Okt. 1899 bis März 1900“:

Mit lebhaften Interesse begenen wir sodann den Versuchen, welche Ludwig von Hofmann in Verbindung mit C.C.Schirm in Berlin auf dem Gebiete der Email-Malerei ausgestellt hat. Mit dem zarten Stil-Empfinden, das ihn auszeichnet, hat er sich sehr gut in den Karakter des Emails gefunden, sodass man auch in dieser Richtung noch manches köstliche Dekor von ihm erwarten darf.

Hier ein Auszug eines Zeitungsartikels von 1899 (Zeitung, handschriftlich:“Bunte Mappe Düsseldorf“):

„…daß es an leuchtender Farbenpracht mit der Emaille-Malerei aufnehmen könnte. Das gilt allerdings nicht von dem späten Nachkömmling dieser Technik, den Miniaturen in deckenden blassen Farben auf undurchsichtigem, weißem Grunde, mit denen im 17. und 18. Jahrhundert kleine Schmuckgegenstände und Kästchen verziert wurden. Auch gilt es natürlich nicht von der Weißmalerei auf dunklem Grunde, die man als Blüthe der Emaillemalerei bezeichnet, da diese ja auch Farbe fast ganz verzichtet.

Vielmehr kommt dieser Ruhm den durchscheinenden Emaillen zu, deren Farbe durch einen Untergrund von blankem Metall, welches das einfallende Licht spiegelnd zurückwirft, zu glühender Stärke gesteigert wird.

Schon das frühe Maler-Emaille von Limoges machte sich diese Wirkungen zunutze. Die kleinen Bildchen für Hausaltäre, die dort schon im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts gemalt wurden, zeigen besonders für den Schmuck und die Heiligenscheine unter durchsichtigem Glasfluss Gold- oder Silberflittern, die mit der Emailleschicht gleichzeitig angeschmolzen sind. Man nennt diese Metallunterlagen Pailletten oder Folien.

Naturgemäß musste die dekorative Kunst von heute, der es nun einmal die Farbe angethan hat, auch bei der Malerei mit Glasflüssen auf diese ursprüngliche Geschmacksrichtung zurückgreifen. ….
Was Wunder, daß auch die Dekoration des Innenraums die Siegerin in diesem Wettstreit sich zum Bundesgenossen gewinnen möchte.

Aber dem standen zunächst ernste technische Schwierigkeiten im Wege. Die Emaille-Malerei war bisher nur eine Miniaturkunst
gewesen. Erst die neue Zeit lehrte uns größere Metallplatten bemalen und in entsprechenden Öfen brennen, endlich sogar aus zahlreichen Platten, nach dem Vorbild gemalter fließen, ganze Bilder zusammensetzen. Aber damit war die Hauptsache noch nicht erreicht.
Die Metallfolien waren bei allen früheren Arbeiten nur von kleinem Umfang gewesen. Sie wurden mit einem Klebstoff, in der Regel Quittenschleim, auf der mit dem Grund-Emaille präparierten Kupferplatte befestigt. Im Brande verflüchtigt sich das Bindemittel und
entweicht als Gas zu den Seiten der Folie. Versuchte man aber, ihr größeren Umfang zu geben, so trieb das Gas, welches seinen Ausweg fand, das im Ofen entweichte Metallplättchen faltig auf, wodurch der Glanz der Farbenwirkung natürlich stark beeinträchtigt wurde. Mußte aber unbedingt eine größere Stelle Metallunterlage erhalten, so wurde diese in viele Stücke zerlegt, was ebenso zeitraubend, wie kostspielig war.
Diesen Übelständen will ein Verfahren abhelfen, welches der Maler C. C. Schirm in Berlin ersonnen hat, und das er in Gemeinschaft mit Ludwig von Hofmann nach Entwürfen des Letzteren in großen decorativen Malereien erprobte. In der Dresdener Kunstausstellung
dieses Jahres waren sie zum ersten Mal ausgestellt. Mit Überraschung sah man hier die Emailfarben zur Wanddekoration großem Maßstabes verwendet. Die Märchenfarben Hoffmann’scher Landschaften, die prunkenden Stoffe, in die er seine Figuren zu kleiden liebt, kamen in der strahlenden Farbe zu einer überraschenden Wirkung. Besonders war der Purpur eines Kleides im Vordergrunde von intensiver Leuchtkraft.
Herr Schirm, der sich sein Verfahren hat patentieren lassen, beschreibt dasselbe folgendermaßen. Er verwendet dünne, noch biegsame Kupferplatten von mäßiger Größe, damit sie leichter zu handhaben sind. Die daraus folgenden Fugen in dem zusammengesetzten
Bild sind wenig bemerkbar und bilden eher ein charakteristisches Merkmal der Technik, etwa wie die Verbleiungen in einem farbigen Glasfenster oder die Trennungen zwischen den Stiften eines Mosaiks. Die Kupferplatten werden nun, wie von jeher bei dieser Technik, beiderseits mit einer deckenden Schicht überzogen, welche man als Grundemaille bezeichnet. Die Schicht auf der Rückseite, das sogenannte Contremaille, hat den Zweck, dem Verbiegen der Metallplatte im Brande vorzubeugen. Jetzt folgt der Metallüberzug.
Es wird dazu Silber gewählt, nicht nur der geringeren Kosten wegen, sondern weil das Gold immer auch als Farbe mitspricht und daher nur als Grund für warme Farben (also für gelb und die damit gemischten Farben) verwendet werden könnte.
Bevor die Silberfolie aber aufgetragen wird, erhält sie durch Pressen über einem Drahtgitter eine feine, regelmäßige Durchlöcherung. Beim Brande können nun die Gase durch diese Löcher entweichen, und das Werfen und Faltenbilden der Folie wird beschränkt. Man bemerkt auch im fertigen Bilde bei genauem Hinsehen diese Löcher wie feine, dunklere Punkte, da an diesen Stellen nicht das spiegelnde Metall, sondern das Grundemaille durchschimmert . Auf geringe Entfernung aber stört dies feine Korn der Farbe nicht im Geringsten.“

In Spanien erhielten Otto Lessing und Carl Schirm das Patent für eine weitere Verbesserung der Farben von Öl und Aquarellmalerei. (Nr. 23843, am 16.03.1899, „Mejoras en el procedimiento de preparar la pintura para el óleo, la aquarela etc.“)

Er widmete sich auch der Entwicklung neuer Techniken für große Flächen, Wetterbeständigkeit, mit Ludwig von Hofmann. Ausstellung der Ergebnisse mit Hofmanns Motiven in der Dresdner Kunstaustellung.
Carl Schirm erhielt ein weiteres Reichspatent zum: „Verfahren zur Herstellung einer Leimformmasse aus mit Salizylsäure versetztem Glyzerinleim“, 18.05.1905

Weitere Emaille-Werke:

  • Rolandbrunnen, 1902 Berlin Kemperplatz, eingebrannte Bronzierung
    (hier ein von Carl Schirm aufgenommenes und coloriertes Foto)
(Quelle: Sammlung Schirm)
  • Erfrischungsraum im Kaufhaus Wertheim
  • Restaurant Trarbach
  • etliche Emaille-Platten auf Kupfergrund zur Innendekoration

Weitere Emaille-Arbeiten werden noch erforscht, hier aus den Nachlassaufzeichnungen:

(Anmerkung von Carl Schirm: Copie nach Holnbein, Sancta Elisabet, nur Brustbild in Emaille)

(Anmerkung von C.C.Schirm: Altarflügelbild, Copie nach Luca Signorelli, Berliner Museum, Größe etwa 35 x80)

Das Original ist in der Bildergalerie des Berliner Museums

hier ein Transkript eines Zeitungsartikels über den Besuch im Atelier und Laboratorium von Carl Schirm:

(Zeitung unbekannt, vermutlich Jahrhundertwende)
Eine andere Tochter dieses Paares, Gunhild, ist mit Professor Schirm, dem auch in Breslau wohlbekannten Landschaftsmaler, vermählt. In seines Schwagers Otto Lessing von den übrigen großen Werkstatträumen abgesondert im Zimmer dieses Atelierhauses sah ich sehr merkwürdige Proben der neuesten Kunst technischen Arbeiten Schirms, welche das lebhafte Interesse erregen.

Schirm ist nicht nur mit einem glücklichen Malertalent, sondern dem mindestens ebenso bedeutenden Talent für technische Erfindungen begabt. Seit längerer Zeit schon ist er mit Versuchen beschäftigt, die Emailmalerei verwendbar zur Dekoration großer Flächen zu machen. Ihre Erzeugnisse sind unbedingt wetterbeständig, und es können damit Farbenwirkungen von einer Gluth und Pracht erreicht werden wie durch keine andere malerische Technik und keine anderen Pigmente. Schirm’s Bemühungen sind vom schönsten Erfolge gekrönt worden. Es ist ihm gelungen, auf Eisenplatten in Emailfarben Gemälde auszuführen, die, nachdem sie ihrem Grunde eingebrannt sind, in Bezug auf jene Coloriteigenschaften alles übertreffen. Wie man längst auf Porzellan und Fayencekacheln die einzelnen Teile von größeren dekorativen Bildern ausführt, um dann durch Zusammenfügen dieser Kacheln das dafür entworfene Gemälde in seiner Ganzheit hervorzubringen, so malt Schirm die Teile, in die es zerlegt ist, in Emailfarben auf seinen präparierten Eisenplatten. Die Pracht kann dabei aufs Höchste gesteigert werden durch stellenweise Unterlegung mit Gold oder Silber, das dann durch die aufgetragenen Farben schimmert.

Die glänzende Probe davon, welche ausserordentlichen malerischen
Wirkungen durch Schirm’s Emailmalerei auf Eisenplatten erzielt werden können, ist eine so ausgeführte Kopie des Meisterwerkes von Luca Signorelli in der Bildergalerie des Berliner Museums, des Altarflügelbildes mit der Gruppe heiliger Frauen und Männer.

Mir scheint es, als ob dieser Kunsttechnik eine große Zukunft gewiss sei. An Dauerbarkeit und Widerstandskraft gegen alle Luft-und Witterungseinflüsse dürften die in ihr ausgeführten Malereien sogar die Mosaiken noch übertreffen. Und von den farbigen Wirkungen gilt das Gleiche.

Für seine Bestrebungen auf diesem Gebiet hätte Schirm schwerlich einen sympathischeren, verständnisvolleren und praktisch erfahreneren Beurteiler und Berater finden können als den Meister, welchem Professor Gude in seinem Hause an der Kaiserin Augusta Straße, in dem auch dieses Schwiegersohns Atelier und Laboratorium liegen, für die nächsten Wochen ein Atelier zur Benutzung überlassen hat: Hubert von Herkomer. In der Emailmalerei von Bildern kleineren Maßstabes auf Kupfer und von
äußerster Durchführung hat es dieser zur höchsten Vollkommenheit
gebracht. Den Vergleich mit keinem der großen alten Meister von Limoges und der neuen zu Paris hat er zu scheuen. Dass er hier in dieser Technik ein Bildnis des Kaisers in ganzer Gestalt ausführt, erwähnte ich bereits in meinem letzten Sonntagsbriefe. In den Kunstsälen von E. Schulte ist nun die große Ausstellung von Arbeiten eröffnet, die den verschiedensten Lebensperioden des Meisters entstammen….

Sicherlich war Carl Schirm seinem Naturell entsprechend das ganze Leben wachsam und erfinderisch. Da keine Tagebücher oder Briefwechsel von ihm erhalten sind, kann man nur aus den offiziell archivierten Dokumenten schließen. Seine nach Aussen hin aktivste Erfinderphase hatte er demnach im Zeitraum von 20 Jahren zwischen 1885 bis 1905. Damals war er knapp 35 bis 55 Jahre alt.